Die Eingewöhnung

Unsere Teams haben ein Eingewöhnungskonzept entwickelt, welches uns und den Eltern klare Handlungsanweisungen und Verhaltenssicherheit gibt. Grundlage war für uns das „Berliner Eingewöhnungsmodell“ welches vom Brandenburger Institut „INFANS“ unter Leitung von H.J. Laewen erarbeitet wurde.


Um einen guten Übergang in die Kinderbetreuungsgruppe zu erreichen, ist es wichtig, dass sich die Eltern in einem zeitlich abgestuften Rahmen in der Nähe ihres Kindes aufhalten, es mit Aufmerksamkeit begleiten, jedoch nicht aktiv ins Gruppengeschehen eingreifen, z.B. helfend oder mit ihrem Kind spielend.
Wichtig ist auch dem Kind durch die aufmerksame Anwesenheit zu vermitteln: „Ich bemerke was du tust, ich bin da, wenn du mich brauchst, alles ist in Ordnung. Du kannst dich beruhigt von mir entfernen.“


Den aktiven Part zum Bindungsaufbau hat ein/e Mitarbeiter*in, indem er/sie das Kind aufmerksam beobachtet, Gewohnheiten kennenlernt und ihm Beziehungs- und Spielangebote macht.

 

… denn nur mit einer sicheren Bindung im Gepäck können die Kinder sich auf den Weg machen die Welt zu entdecken!

 

Wenn ein Kind in die Krippe / den Kindergarten kommt, ist dies in der Regel die erste längere Trennungserfahrung, die es macht.
Für das Kind bedeutet das, sich in einer fremden Welt mit fremden Menschen zurechtzufinden.

  • Oft sind die Räume noch unbekannt und schon aufgrund ihrer Größe und Ausstattung aufregend.
  • Das Kind muss eine Beziehung zu einer ihm fremden Betreuungsperson aufbauen.
  • Das Zusammensein mit vielen anderen Kindern ist ebenfalls ungewohnt und neu.
  • Das Kind muss seinen Rhythmus dem Tagesablauf der Gruppe anpassen.
  • Es muss eine mehrstündige Trennung von seinen Eltern verkraften.

 

Das alles sind hohe Anforderungen für das Kind, die Stress erzeugen können. Jedoch sind kleine Kinder durchaus in der Lage diese Situation zu bewältigen, sie brauchen dazu jedoch unbedingt die Begleitung einer ihnen vertrauten Person (in der Regel ein Elternteil). Diese bildet die „sichere Basis“, von der aus sich das Kind all diesen Anforderungen stellt. Erst wenn das Kind eine Bindung zu einer Betreuungsperson aufgebaut hat, kann die begleitende Person (Mutter oder Vater) das Kind einige Stunden am Tag zur Betreuung in der Gruppe lassen.


Diese Bindung, die auf Beziehung und Vertrauen basiert, kann das Kind nur langsam aufbauen.

„Bindung heißt auch füreinander da sein, wenn man einander braucht. Neben einem sicheren Hafen, den man bei Unsicherheit anlaufen kann, bedeutet Bindung auch die Bereitstellung einer sicheren Basis für den Aufbruch ins Leben.“ (Kappmann 2001)

Laewen/Andres, 1990 sprechen hierbei von einem „gefühlsmäßigen Band“, welches sich auch zwischen Kind und Mitarbeiter*innen entwickeln kann.
Das braucht jedoch Zeit, Geduld, Verständnis und die Anwesenheit des begleitenden Elternteils. Es ist unbedingt erforderlich, dass ein Elternteil für mehrere Tage gemeinsam mit dem Kind in der Einrichtung anwesend ist um sich dann langsam – in Absprache mit den Mitarbeiter*innen – vom Kind zu lösen und zu verabschieden.
Wenn sich das Kind trotz des Abschiedsschmerzes von den Mitarbeiter*innen trösten lässt und danach konzentriert spielen kann, ist das ein Zeichen für einen gelungenen Bindungsaufbau.


Die konkrete Dauer und Gestaltung der Eingewöhnung wird mit den Eltern individuell abgesprochen, je nach Alter und Verhalten des Kindes.

 

Die Phasen der Eingewöhnung


3 Tage Grundphase
1.Tag: ca. 1 Stunde – 9.00 Uhr bis 10.00 Uhr

  • Die Mutter (oder eine andere Bezugsperson) kommt mit dem Kind zur Gruppe, bleibt ca. 1 Stunde zusammen mit dem Kind im Gruppenraum und nimmt danach das Kind wieder mit nach Hause.

2. und 3. Tag: ca. 2 Stunden – 9.00 Uhr bis 11.00 Uhr

  • Eltern: - eher passiv,
  • das Kind auf keinen Fall drängen sich von ihm zu entfernen
  • immer akzeptieren, wenn das Kind ihre Nähe sucht

 

Die Aufgabe der Eltern ist es „sicherer Hafen“ zu sein.
  • möglichst nicht lesen, stricken oder mit anderen Kindern spielen
In diesen ersten 3 Tagen KEIN Trennungsversuch!!

 

4. Tag – Trennungsversuch
Ziel: vorläufige Entscheidung über die Dauer der Eingewöhnungsphase

  • Einige Minuten nach Ankunft im Gruppenraum verabschiedet sich der Elternteil vom Kind, verlässt den Raum und bleibt in der Nähe (im Mütter- und Familienzentrum bzw. auf dem Gelände).
  • Die Reaktion des Kindes sind der Maßstab für die Fortsetzung oder den Abbruch dieses Trennungsversuches:
    • Gleichmütige, weiter an der Umwelt interessierte Reaktionen.
    • Bis maximal 30 Minuten Ausdehnung der Trennung.
    • Dies gilt auch dann, wenn das Kind zu weinen beginnt, sich aber rasch und dauerhaft von der Mitarbeiter*in beruhigen lässt.
    • Wirkt das Kind nach dem Weggang des Elternteils verstört oder beginnt untröstlich zu weinen, so muss der Elternteil sofort zurückgeholt werden.

 

Kürzere Eingewöhnung
  • Klare Versuche der Kinder selbst mit Belastungssituationen fertig zu werden und sich dabei nicht an die Eltern zu wenden, wenige „Blicke“ zum Elternteil und seltene oder eher zufällig wirkende Körperkontakte sprechen für eine KÜRZERE Eingewöhnung, d.h. ca. 6 Tage.
Längere Eingewöhnung
  • Häufige Blick- und Körperkontakte mit dem Elternteil und das heftige Verlangen nach Rückkehr des Elternteils beim Trennungsversuch am 4. Tag sind Anzeichen für die Notwendigkeit einer LÄNGEREN Eingewöhnungszeit, d.h. ca. 2 Wochen.
  • Mit dem nächsten Trennungsversuch muss einige Tage gewartet werden!
Stabilisierungsphase
  • Ab dem 4. Tag versucht der/die Mitarbeiter*in die Versorgung des Kindes vom Elternteil zu übernehmen.
  • Die Mutter/der Vater überlässt es jetzt immer mehr dem/der Mitarbeiter*in auf Signale des Kindes zu reagieren und hilft nur noch, wenn das Kind die Mitarbeiter*in noch nicht akzeptiert.
  • Nur wenn das Kind sich beim Trennungsversuch am 4. Tag von dem/der Mitarbeiter*in trösten lässt bzw. gelassen auf die Trennung reagiert, sollte die Trennungszeit am 5. Tag ausgedehnt werden. Am 5. und 6. Tag ist die Anwesenheit des Elternteils nur noch notwendig, damit sie bei Bedarf in den Gruppenraum geholt werden kann.
  • Wenn sich das Kind am 4. Tag nicht trösten lässt, sollte die Mutter/der Vater am 5. und am 6. Tag mit ihrem Kind wie vorher am Gruppengeschehen teilnehmen und je nach Verfassung des Kindes am 7. Tag einen erneuten Trennungsversuch machen.
Schlussphase
  • Die Mutter/der Vater hält sich nicht mehr im Mütter- und Familienzentrum auf, ist jedoch JEDERZEIT erreichbar.
  • Die Eingewöhnung ist beendet, wenn das Kind den/die Mitarbeiter*in als „SICHERE BASIS“ akzeptiert hat und sich von ihr/ihm trösten lässt.

 

Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass Kinder später wesentlich angstfreier mit neuen Situationen umgehen können, wenn diese wichtige (Trennungs-) Situation schonend, verständnisvoll und mit Begleitung einer vertrauten Person gestaltet wird. Ebenfalls ist die Erkrankungsrate bei sicher eingewöhnten Kindern deutlich niedriger.
Neben dem Bedürfnis nach Bindung haben Kinder von Anfang an auch das Bedürfnis die Welt um sich herum zu erkunden. Sie wenden sich neugierig der Welt zu, wenn ihre Bindungsbedürfnisse befriedigt sind.

 

Jedes Kind wird individuell eingewöhnt. Der Zeitpunkt für den Start der Eingewöhnung wird zwischen den Eltern und der Gruppenleitung vereinbart.